Dieses Buch ist ab 24.05.2005 unter http://55626.formmailer.onetwomax.de/ vom Autorenverlag selbst, oder in Ihrem Buchladen unter der ISBN: 3-936544-47-6 zu bestellen.
Buchauszüge: "Auf Regen folgt Sonnenschein - Kindheit unter Geiern" von *ANNA Mae (...) Heute habe ich Geburtstag. Es ist mein zweiundzwanzigster Geburtstag. Ich schaue auf ein Leben zurück, dessen Weg mehr mit schmerzhaften Scherben als sanften Wattestückchen gespickt war. Der Wind durchfährt meine Haar. Hinter mir rauscht ein Krankenwagen vorbei, während ich die Klinik verlasse, in der ich den Krebs besiegte. Und besiegt hatte ich endlich auch den gähnenden Abgrund in mir, den finsteren Schlund der Erinnerungen und Selbstvorwürfe (...) Ich sank auf mein Bett, gefühllos, fast gelähmt, ohne zu merken, wie mir die Tränen herunterliefen. Er lachte und drückte mich. „Ich weiß, dass du hin- und hergerissen bist. Auf der einen Seite willst du es ja auch, aber auf der anderen Seite bin ich dein Vater!“, und drückte mir einen väterlichen Kuss auf die Wange. (...) Doch mit der Zeit vergaß ich. Ich verdrängte es einfach, auch wenn es sich tief in meine Seele gefressen hatte. Tage, Monate, Jahre vergingen. Sie rannen wie Sandkörner durch eine endlose Eieruhr. „Du bist ein schlechter Mensch“, war mein einziger Gedanke. Ich wollte nicht mehr leben. (...) So vergingen Tage, Wochen, Monate und Jahre. Tagein, tagaus lief alles nach dem gleichen Schema ab. Klaus kam immer erst sehr spät nach Hause und schlief morgens meistens noch, wenn wir in die Schule gingen, sodass wir ihn kaum zu Gesicht bekamen. So konnten wir uns unseren Tagesablauf immer selbst einteilen. Sobald er aber mal früher nach Hause kam oder freihatte, ließ er seiner Autorität freien Lauf und unser kompletter Tagesrhythmus wurde über den Haufen geschmissen, denn wir mussten immer nach seiner Pfeife tanzen. Ich kam mir zwischenzeitlich vor wie ein einsamer Hirte, der darauf wartete, dass die Zeit ihre Spuren hinterließ. (...) Der Stress, der Druck und alles andere um mich zwang mich dazu meinen Körper zu bestrafen. Nachdem ich den Kühlschrank geplündert hatte, rannte ich wie von einer Tarantel gestochen zur Toilette und steckte mir den Finger in den Hals. Ich hasste mich. Ich hasste meinen Körper. Ich hasste, was mit mir passiert war. Ich hasste alles, was mit mir zu tun hatte. (...) „Die ist magersüchtig. Die geht mit dem Trend. Ist doch modern, das jetzt zu machen. Macht doch jedes Mädel in dem Alter“, hörte ich Alexander, einen Mitschüler aus meiner Klasse, mit anderen über mich reden, ohne das er wusste, dass ich ihn belauscht hatte. Ich erschrak und mein Körper versteifte sich. Ich und magersüchtig? Hatte der Vogel sie noch alle? Ich gehe mit dem Trend? Was wusste der denn schon! Ich rannte aufgelöst weg und schloss mich in der Mädchentoilette unserer Schule ein. Die Tränen liefen mir über die Wange. Ich machte das doch nicht, weil ich mit der Mode gehen wollte. Ich machte das doch nicht, weil ich rank und schlank für die Außenwelt sein wollte. Ich wollte kein Model werden. Ich hasste meinen Körper viel zu sehr, als dass ich ihn zur Schau stellen wollte. (...) Ich hob die Arme zur Decke und stieß ein Heulen aus, das aus dem tiefsten Inneren meines Herzens kam. Die Lichter waren schwach, der Himmel draußen ohne Sterne und tief bewölkt. Gnadenloser Wind schlug gegen das Fenster, für mich war es wie das Fletschen der Zähne einer bösartigen, hasserfüllten Bestie. (...) Ich habe zum ersten Mal die Art Liebe gefunden, von der ich mein Leben lang gehört, gelesen und geträumt habe. Ich liebte ihn vom ersten Tag an, als ich ihn sah, wollte ich es mir auch nicht eingestehen. Er hatte mich aus einem tiefen Schlaf geweckt. (...) Im gleichen Jahr, einen Monat später, also im März, wurde Klaus fünfzig und ein gigantisch großes Fest wurde organisiert. Ein ganzes Restaurant wurde gemietet und viele, sehr viele Gäste wurden eingeladen. Es wurde eine riesengroße Show organisiert und da ich in einer lateinamerikanischen Formation tanzte, war ich ein Teil der Show. Ich wurde von meiner Mutter als Showact angekündigt und als Showact wieder von der Bühne entlassen – kein Wort darüber, dass ich die Tochter bin und dass meine Eltern stolz auf mich waren. Aber das kannte ich schon seit Jahren zur Genüge, dass meine Eltern sich nicht überschlugen mit Lobgesängen mir gegenüber. Für sie war immer alles selbstverständlich und es war egal, was ich auch tat um sie stolz auf mich zu machen, es klappte nie. Zumindest nie so, dass sie mir das zeigten. Ich bekam immer nur zu hören, wenn etwas schief lief, aber alles Gute wurde einfach hingenommen. Wie anpassungsfähig wir Menschen doch sind, wie bereit, alles Schreckliche, alle Veränderungen, alle Entbehren zu ertragen, nur um ein paar Minuten grenzenloser Freuden zu genießen. Vielleicht war es das Geld, dass sie die Jahre über zu kalten und materialistischen Menschen gemacht hatte. „Und was ist, wenn etwas schief läuft?“, fragte ich besorgt, runzelte die Stirn und warf ihnen einen langen, fragenden Blick zu. „Ach, was soll den schief laufen, es ist doch nur von kurzer Dauer!“ (...) Ich war wie vor den Kopf gestoßen, denn ich wusste nicht, um was für Rechnungen es sich dabei handelte. Zuerst wollte ich nicht glauben, was ich da las. Ich stand und starrte und konnte es nicht fassen. Ich fühlte mich betrogen und wütend, verletzt und elend zugleich. Meine Phantasie machte Überstunden, stellte mir vor, was sie taten, und ich war bei den Gedanken angewidert. Angewidert, weil meine Eltern mir das antaten – ihrer eigenen Tochter, niemand Fremdem. |